Pressestimmen

Pressestimmen

Hommage an die Zero-Truppe: Eine Nacht lang wird der Gropius-Bau zum Performance-Raum

Es ist eine Hommage – der Zuschauer wird zum Teil der Performance. Und auch deshalb darf jeder machen, was er will, als das „work in progress“-Orchester und der Chor unter der Leitung von Gerhardt Müller-Goldboom zu seinem 20-minütigen D-Dur-Klang ansetzt. Die „Symphonie Monoton-Silence“ stammt von Yves Klein und ist mehr als einfach nur ein Ton. In Wahrheit spielen die Musiker nämlich drei Töne, den Grundakkord D-Dur, die Tonika d-fis-a. Und so klingt das Konzert dann doch vielschichtig und so gar nicht langweilig. Nach 20 Minuten nimmt der Dirigent die Hände hoch, der Klang verstummt und die Musiker versinken weitere 20 Minuten in Stille und Reglosigkeit. Das Zero-Konzept in Vollendung. 

Und tatsächlich verharrt Dirigent Müller-Goldboom volle 20 Minuten lang in einer „Hände hoch“-Position wie in einem Western. …man hat das Gefühl, je länger die Stille dauert, desto intensiver wird sie. Und auch das ist Zero: Ein Konzert, bei dem man nichts hört, eine Begegnung ohne Bewegung und ein ästhetisches Erlebnis ohne Ereignis. Trotzdem: Erleichtertes Klatschen, als der Dirigent die Hände senkt und die Stille auflöst.

Eva Lindner, Berliner Morgenpost

Votre Faust

Abenteuerliche Perspektiven
Spielerisch darf das Publikum bei der Oper «Votre Faust» ins Geschehen eingreifen und es beeinflussen. Das Theater Basel zeigte das selten zu sehende Werk des Autors Michel Butor und des Komponisten Henri Pousseur – eine Grosstat.
Eindrücklich, wie der Dirigent Gerhardt Müller-Goldboom die aufwendige Partitur zusammenhalten konnte durch eine präzise Organisation der Aufführung mit dem Ensemble «work in progress – Berlin» und dem Vocalconsort Berlin.

Schlüsselwerk der Postmoderne
Im Gedächtnis haften bleibt die Begegnung mit einem grandiosen Schlüsselwerk der frühen Postmoderne, denn als das ist «Votre Faust» aus heutiger Perspektive zu sehen. Mit einer verrückten Musik, einem überwältigend dichten Amalgam von Musik und Sprache, musikalischer und theatralischer Anlage. Und mit einem Musiktheater-Werk, das nun endlich ins feste Repertoire der Opernhäuser gehörte, genauso wie die «Soldaten» von Bernd Alois Zimmermann.

Neue Zürcher Zeitung

Es ist ein Klassiker der modernen Musik und ein ungemein witziges Stück dazu. … Die Basler Aufführung profitierte von der Professionalität der Berliner Sänger und Instrumentalisten, die von Gerhardt Müller-Goldboom mit seinem roten Dirigentenstab unermüdlich und souverän geleitet wurden.

Basler Zeitung

Musikalisch packt die Aufführung. des Ensembles „work in progress“ und des Vocalconsorts Berlin unter Müller-Goldboom: Sie ist lebendig und höchst präzis. „Votre Faust“ ist zurück auf der Bühne.

Basellandschaftliche Zeitung

Radikaler geht es nicht, man darf hoffen, dass sich dieses große Stück Musiktheater endlich durchsetzt. Und dann auch in Berlin nicht nur für drei Tage zu sehen ist. 

taz.die tageszeitung

So hat dieser Abend eindringlich demonstriert, wie in einer kompetenzfreien Demokratie durch permanente Verführung zum Eingriff der Weg zu einem guten Ende verdorben werden kann… Gnadenlos ließ diese Vorstellung nach vier Stunden ihr Publikum in einem Schlamassel zurück, den es selbst angerichtet hatte.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Gesungene Texte, Madrigal- und Webern-Zitate werden von Mitgliedern des Vocalconsort hochrangig beigesteuert. Das Ensemble work in progress sitzt U-förmig um die Spielfläche. Alles gut so. …Ein Lehrstück durchaus über die Fehlfunktionen von Demokratie … Eine Aufführung für die Annalen.

Opernwelt 

… ein theaterrevolutionäres Jahrmarktspektakel… Skurril, anarchisch, klanggewaltig erforscht Pousseurs Musik abenteuerliche Räume jenseits aller Dogmatik.

DIE WELT

Publikum bimmelt Faust ins Verderben … Ein interessantes Spektakel.

BILD 

… In hübsch absurdem Jahrmarktambiente bieten das Vocalconsort Berlin und das Ensemble „work in progress“ dazu Pousseurs farbenreiche Musik dar, die mit eleganten Übergängen zwischen serieller Webern-Nachfolge und collagierten Zitaten aus 500 Jahren Operngeschichte für anspruchsvolle Zerstreuung sorgt.

Der Tagesspiegel

Amüsant und voller anregender Fragen …  ist „Votre Faust“ noch immer anregender als alles, was das Musiktheater der letzten 50 Jahre zwischen Henze und Lachenmann hervorgebracht hat.

Berliner Zeitung

… eine höchst amüsante Inszenierung im Radialsystem am Berliner Ostbahnhof, die in der ganzen Stadt mit tollen Plakaten beworben wurde. Die Folge: Der Saal war voll! …eine stark parodistische Note, die köstlich ist. … Den Spaß erhöhte noch die Tatsache, dass Avantgarde-Oper – zu der man ‚Votre Faust‘ sicher zählen kann – ein anderes Publikum anzieht als Standardrepertoire, d.h. es liefen im Radialsystem auffallend viele, sehr attraktive junge Menschen herum, die ich gern mal in den drei regulären Opernhäusern Berlins sehen würde.

www.klassik.com

Lydia Brotherton, Kerstin Stöcker, Kai-Uwe Fahnert und Martin Schubach (alle vom Vocalconsort Berlin) sowie die Musikerinnen und Musiker des Instrumentalensembles work in progress-Berlin leisteten schier Unglaubliches… 

kultura-extra.de

Am zweiten Abend … gab es … am Ende dann für „Euren“ also „Unseren Faust“ ungetrübten Applaus.

nmz.de

Eine derart interaktive Oper hat es auf Berliner Bühnen so wohl noch nicht gegeben.

RBB-Fernsehen, Abendschau

Völlig aus dem Ruder gelaufen: Die ästhetische Öffnung, die Pousseur vorschwebte, hat sich heute auf ganz andere Weise ihren Weg gebahnt. Das „anything goes“ hat keinen Ort kritischer Intervention mehr.

  1. Deutschlandfunk

Magical Energy

Berlin Diary: Community Music-Making on a Huge Scale

The scene this last weekend in downtown Berlin at the old Tempelhof airfield was as wild and chaotic, and as musically joyous as one could imagine — and as Lisa Bielawa had hoped.

Bielawa is a composer, singer, choral director, and, under still other fedoras, a Christo-like impresario, who alights here and there around the world to experiment with music in public spaces. Last weekend, she drew 230 musicians from to play out an idea for a series of three 60-minute concerts on the grass and runways of this former US Air Force base, now a 900-acre park, a few minutes from “Checkpoint Charlie.”

The music used in the event was based on Bielawa’s Tempelhof Etude, a 20-minute piece she wrote and then, as she put it, “learned from, messed with, and expanded into a one hour concert piece.” The piece was designed to articulate sound over long distances and so includes “utterances and silences.”

The performance began with all the musicians gathered at a central point on the field and then slowly dispersing, in a big bang effect. By the end of the concert, the mass had divided into two groups about a kilometer apart. The choreography is complex and closely tied to wind. “It gets very geeky,” said Bielawa.

“I’m all blissed out,” she said. “Just stunned. I think everyone felt an enormous amount of just magical energy.

 Mark MacNamara, San Francisco Classical Voice

Ein funkelndes Universum der Klänge

Neue Musik auf neuen CDs

Die Musiktheater-Passion „… 22,13 …“ von Mark Andre, das Ereignis der Münchener Biennale 2004, liegt nun in einer Neuproduktion aus dem Berliner Radialsystem V auf einer SACD vor – eine Gelegenheit, sich das klanglich exponierte Werk unter technisch vorzüglichen Bedingungen erneut anzuhören. Die Erinnerung täuscht nicht: Die kompromisslos harte Musiksprache mit ihren überfallartigen Ausbrüchen und den an der Hörschwelle angesiedelten Geräuschprozessen übt noch immer eine hohe Faszinationskraft aus.

Max Nyffeler, neue musikzeitung

Präsenz des Unkonventionellen

Das Ensemble work in progress – Berlin

work in Progress – Berlin sorgt durch Kontinuität dafür, dass das Besondere und Unkonventionelle im Neue-Musik-Betrieb immer wieder präsent ist. Denn es reflektiert durch seine Konzerte kritisch, was in der Aufführungspraxis bereits Repertoire geworden ist, indem es neben Aufführungen der Kompositionen von bekannten Komponisten …, ebenso unbekanntere Namen und Werke realisiert…

Vera Emter, Positionen

Bisher beste „Butterfahrt“

work in progress – Berlin gehört zu den erkundungsneugierigsten und experimentierfreudigsten, mithin bekanntesten Ensembles in Deutschland. …dieser Abend ist der bisher gelungendste der Butterfahrten … Weitaus suggestiver tönt Gabriel Pareyons „Mokhäh“. Wie sich hier Horn und Klarinette umgarnen und die Streicher dazu musikalische Struktur regelrecht ertasten, immer wieder von hellen Piano-Phrasen gelockt, ist schlicht fesselnd.

Steffen Georgi, Leipziger Volkszeitung

Mehrdimensionale Kontinuität

Kompositionsaufträge von work in progress – Berlin an Silvia Fómina

Uraufführungen in der Berlinischen Galerie, 28. November 2010

Aus Höreindrücken musikethnologischer Forschungen und Reisen, die Fómina u.a. zu den Pygmäen des zentralafrikanischen Regenwalds sowie nach Südostasien führten, entwickelte sie die Idee einer „mehrdimensionalen Kontinuität”, die durch polyrhythmische Überladerungen entsteht. Diese zeigten sich auch in den beiden Uraufführungen mit dem Ensemble work in progress – Berlin, das Gerhardt Müller-Goldboom einstudiert hatte. Segmente folkloristischen Materials aus Zentralasien, kaleidoskopisch gefiltert, schimmerten durch in dem kurzen Stück „Seidenstrasse”. In „Angehaltene Zeit” für Stimme, Trompete, Posaune, Violoncello, Akkordeon, Perkussion und Zuspielung (2010) verwendete Fómina Elemente aus Flamenco, arabischem sowie sephardischem Judentum. Dieses Vokalwerk ist für den spanischen Flamenco-Sänger José Parrondo entstanden und thematisiert recht eigentlich das Lebensgefühl der 1980er Jahre: „Man muss barfüßig gehen / nackt fliehen / wie ein Flüchtling ohne Ziel / um nie verloren zu sein”.

Walter-Wolfgang Sparrer, Neue Zeitschrift für Musik

Deep Blue schlägt uns alle

Sieg der künstlichen Intelligenz über den menschlichen Verstand: Das Berliner Radialsystem zeigt Mark Andres grandioses Musiktheater „22,13“

Spieltechnisch ist das Werk mehr als anspruchsvoll. Dem von Gerhardt Müller-Goldboom geleiteten Berliner Ensemble work in progress und den Mitarbeitern des Freiburger Experimentalstudios gelnag eine fabelhafte Aufführung, die jener der Uraufführung an Präzision und Einfühlungsvermögen noch überlegen war.

Julia Spinola, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Kühne Bilder zu den Tragödien des Hörens

Ein Konzert des Ensembles „work in progress – Berlin“ beleuchtete die fruchtbare Zusammenarbeit Luigi Nonos mit Emilio Vedova

Selten aber haben Maler und Musiker so konkret aufeinander Bezug genommen wie die Freunde Emilio Vedova und Luigi Nono. Aspekte ihrer langjährigen fruchtbaren Zusammenarbeit vermittelte Gerhardt Müller-Goldboom mit seinem Ensemble „work in progress“ im Rahmen der Retrospektive, mit welcher die Berlinische Galerie den venezianischen Maler und Bildhauer gut ein Jahr nach seinem Tode würdigte. …Fragmentarisch, dem Uneindeutigen verpflichtet auch die Ästhetik von „Guai ai gelidi mostri“ (Wehe den kalten Ungeheuern) für zwei Altistinnen, Instrumentalensemble und Live-Elektronik, im Vorfeld zu „Prometeo“ entstanden,…zeigt sich in der Komposition als verhaltenes, fragiles, hochgefährdetes Klanggespinst: Fast unmerklich, nur klangfarblich wahrnehmbar sind die Stimmen von Dorothe Ingenfeld und Ulrike Bartsch, von Live-Elektronik zum imaginären Chor aufgefüllt, in den Gesamtklang eingebettet, aus dessen zart diffusem Brodeln scharfe Trompetenlinien, knirschender Bogendruck der Streicher, röchelnde Tuba und schwarzleuchtend unterlegte Bassklarinette hervortreten. Aufschreie, heftige Akzente tragen zur Strukturierung dieses gestauten Klangflusses bei, dem Quinten und Quarten, Atemgeräusche und Naturtöne etwas Archaisches geben. An Sensibilität und Nuancenreichtum ist das nicht zu überbieten…

Zwischen diese „Hör-Visionen“, deren Komplexität sich nur erahnen ließ, hatte Müller-Goldboom zur Ehrung beider Künstler Nonos „Sarà dolce tacere“ für acht Vokalsolisten (1960) gestellt. …die strenge spröde Schönheit dieser extrem gelagerten Gesänge, die das Vocalconsort Berlin mit hohem Engagement bewältigte, ließ den leidenschaftlichen, manchmal fast gewalttätigen Gestus … umso mehr hervortreten.

Isabel Herzfeld (neue musikzeitung)

weitere Auszüge

…Bussotti wieder zu entdecken, haben wir gesagt, ist eine Tat…In diesem Sinn zogen auch viele der Instrumentalstücke unterschiedlicher Charaktere und Besetzungen, kompetent gespielt vom Ensemble work in progress – Berlin unter der Leitung Gerhardt Müller-Goldbooms, vor unserer Wahrnehmung vorbei…

Klaus Georg Koch (Berliner Zeitung)

… in der Wiener Secession das Ensemble work in progress – Berlin unter der Leitung des Pianisten, Komponisten und Dirigenten Gerhardt Müller-Goldboom… mit Transparenz, vielschichtiger Dynamik und einem präzisen Gefühl für spannungsreiche Einsatzfolgen … regelrechte Charakterstudien von Tempi, sodass die Komposition einen ganz freien, spontanen Geist atmete … Für das Bewußtmachen unserer musikalischen Gegenwart aber war dies ein eminent wichtiger Abend.

Laszlo Molnar (Der Standard, Wien)

Es ist ein Glücksfall … Gerhardt Müller-Goldboom leitete Boulez´ „Marteau sans maître”. Das intellektuelle Vergnügen an Boulez´ strengem und doch emotional wirkungsvollen, 1957 komponiertem Schlüsselwerk wurde noch verstärkt…

Das Orchester, Mainz

”NAHT (yo no pido a la noche explicaciones)” von Philipp Maintz, ein vor allem eingangs faszinierendes Stück, in dem Kreisen zitternder und brüchiger Linien um eine Tonhöhe. Diese ständige Gefährdung des melodischen Zusammenhangs, wie sich eine Stimme durch Heiserkeit und Versagen hindurch behauptet, war als Gegenposition zum Cage’schen Punktualismus besonders erhellend. Den Abschluß machte Tristan Murails „La barque mystique”, das stark ornamental und unruhig wirkte….ein Ensemble, dem man weitere Förderung für kontinuierliche und ernsthafte künstlerische Arbeit wünscht.

Wolfgang Fuhrmann (Berliner Zeitung)

Ein musikalischer Höhepunkt des Festivals waren zwei Retrospektiven am zweiten Abend. Das von Gerhardt Müller-Goldboom geleitete Ensemble work in progress – berlin brachte in einem Morton Feldman gewidmeten Porträt Werke aus den frühen sechziger Jahren zu einer durch Konzentration, Klangsinn und hohes interpretatorisches Niveau überzeugenden Aufführung.

Carsten Häcker (Positionen)

Bereits sechs Jahre ist er alt, dieser Live-Mitschnitt des Berliner work in progress – Ensembles – doch besser spät als nie. Denn mit Jakob Ullmanns halbstündiger Komposition à 9 – Palimpsest … ist nun ein substanzielles Stück neuer Ensemblemusik zugänglich: weitgehend monoton (im Wortsinn) in der Behandlung der Singstimme…, hypernervös und vielfach am Rande des Klanglichen in der Instrumentalbehandlung, und bei allem Detailreichtum doch einem großen gemeinsamen Spannungsbogen unterworfen. Unerwartet zart und filigran das frühe Hespos-Werk einander-bedingendes…, in dem solistische Aktionen kollektive Reaktionen provozieren; klanglich reizvoll mit seinen trocken perlenden Timbres bruno Madernas Serenata per un satellite…

pnw (Dissonanz)

Wie Cy Twombly auf weißen Flächen ausgelöschte, geheimnisvolle Zeichen hinterließ, so schafft auch diese Musik Raum um sich, um den reinen Klang wirken zu lassen … Bei Feldman treibt der Zuhörer an der Oberfläche der Klänge, er braucht keinen Tiefgang, sondern findet die größte Freude am Farbenspiel der Instrumente, die er sonst niemals so intensiv wahrgenommen hätte: Gewiß ist dies die reine Regression: Es war so schön, dass man über die Schlichtheit selig hätte weinen mögen.

Bernd Feuchtner (Der Tagesspiegel)